In der Immobilienfotografie ist der Einsatz einer Spiegelreflexkamera (DSLR) oder einer spiegellosen Systemkamera (DSLM) fast unumgänglich, um auf ausreichend weitwinklige Objektive zurückgreifen zu können, die einen Raum angemessen abbilden, oder mit der man eine Außenaufnahme einer Liegenschaft machen kann, ohne die Wohnung des Nachbarn zu betreten.
Der Hersteller des von mir genutzten Kamerasystems teilt seine DSLR Produktlinien in "für Einsteiger", "für Fotobegeisterte" und "für Profis" ein. Ich habe den Eindruck, dass diese Einteilung eher marketing- und profitgetrieben ist als praxisrelevant. Ob ich für meine Fotos Geld bekomme, aus meiner Fotografie in erster Linie Befriedigung erziele oder einfach einmal reinschnuppern möchte, ändert an den Anforderungen, die die jeweiligen Motive an die Ausrüstung stellen, relativ wenig.
Am Beispiel meiner Anforderungen möchte ich einmal die Unterschiede zwischen einem Einsteigermodell und einer teureren Kamera aus dem Sortiment "meines" Herstellers darstellen:
- MPixel Die meisten meiner Auftraggeber veröffentlichen die Bilder, die ich Ihnen liefere, im Internet mit höchstens 800x1200 Pixeln. Ob dieses knappe Megapixel nun aus 18 oder 24 Megapixel herunterskaliert wird oder aus 36 oder 50 Megapixel, sieht man dem Ergebnis nicht an. Es gibt übrigens auch immer noch "Profikameras" mit "nur" 24 MPixel oder weniger.
- Sensorgröße Die Sensorgröße hat direkte Auswirkungen auf die Schärfentiefe, also des Bereichs, der auf dem Foto als scharf beurteilt wird. Je größer der Sensor, desto kleiner fällt die Schärfentiefe aus, wenn andere Parameter wie Blende und Brennweite gleich bleiben. Während Portraitfotografen gerne eine geringe Schärfentiefe nutzen, möchte man auf dem Foto einer Immobilie zumeist alles scharf haben. Die Investition in einen größeren Sensor lohnt sich also eher nicht.
- Rauschverhalten Auflösung und Sensorgröße haben auch Auswirkungen auf das Rauschverhalten einer Kamera. Wenige MPixel und große Sensoren begünstigen ein geringes Rauschen bei den Aufnahmen. Macht man seine Aufnahmen grundsätzlich bei ISO 100, gibt es auch bei preiswerteren Kameras keinen Grund, über das Rauschen zu meckern.
- Dynamikumfang Welchen Unterschied zwischen den dunkelsten Stellen eines Bildes und den hellsten kann die Kamera noch abbilden, ohne dass diese Stellen in schwarz oder weiß "absaufen" oder "ausbrennen"? Das ist für den Immobilienfotografen im Zweifel der wichtigste Punkt. Wer kennt nicht die Bilder, auf denen der Raum eindeutig zu dunkel und gleichzeitig der Ausblick aus dem Fenster fast weiß abgebildet wird. Vertraut man hier auf die Testcharts zu den Kameras, gibt es aktuelle "Einsteigerkameras", die vielen im Sortiment befindlichen "Profikameras" bei ISO 100 im Bereich Dynamikumfang voraus sind.
- Bildqualität Im Prinzip eine Mischung aus den zuvor genannten Punkten. Es dürfte niemanden geben, der anhand eines Bildes in einem Exposé auf die Kategorie der verwendeten DSLR oder DSLM schließen kann, sofern sie aus aktueller Produktion ist. Die ist eher bzgl. des verwendeten Objektivs der Fall.
- Maße/Gewicht Die teureren Kameras haben üblicherweise größere und schwerere Gehäuse. Das mögen manche beim Fotografieren.Beim Tragen der Ausrüstung gibt es dafür weniger Liebhaber. Und ob man dafür wirklich mehr Geld ausgeben will?
- Material Im unteren Preisbereich werden sehr viele Kunststoffe verarbeitet, im oberen werden die Gehäuse aus Metalllegierungen hergestellt. Das fühlt sich wertiger an und ist sicher auch stabiler. Es ist jedoch anzunehmen, dass durch Vibrationen oder Stöße eher die Spiegelkonstruktion oder der Auslöser - also die mechanischen Teile - in Mitleidenschaft gezogen würden, bevor das Gehäuse wirklichen Schaden nimmt. Und ob man dafür ... (siehe letzter Punkt).
- Langlebigkeit Kamerahersteller garantieren für Ihre Profikameras teilweise 200 000 Auslösungen bevor Spiegel oder Auslöser durch Verschleiß aufgibt. Bei den preiswerteren gibt es solche Garantien nicht. Hier heißt es Abwägen, wie viele preiswerte (und dann ggf. neuere) Kameras man kaufen kann, bis der Preis der Profikamera erreicht ist.
- Herstellerunterstützung Bei den teureren Modellen gibt es teilweise Profidienstleistungen durch den Hersteller, was Übernachtersatz oder -reparatur angeht. Bei den preiswerteren kann man sich in fast jedem Fotogeschäft direkt Ersatz beschaffen. Hier gilt das gleiche wie im letzten Punkt.
- Schnelle Bildfolge/schneller Autofokus Immobilien laufen nicht weg. Bei Blende 8 und einem starken Weitwinkel, kann man den Fokus fest auf einen Meter stellen und das gesamte Bild ist scharf. Voraussetzung: Die Kamera steht auf einem Stativ. Sport- und Tierfotografen werden höhere Ansprüche haben.
- Akkulaufzeit Mir hat bisher ein Akku für einen ganzen Tag mit mehreren Objekten ausgereicht. Ein Ersatzakku für den Notfall ist leichter und billiger als z.B. ein zusätzlicher Batteriegriff an der Profikamera.
- Status Der Status einer großen, schweren Kamera ist sicher größer. Der Fotograf mit einer solchen Kamera wird eher als Profi wahrgenommen als der mit einer kleineren leichten. Es gibt Fotografen, die von sich behaupten nur noch deshalb ein größeres Modell zu benutzen. Ein Luxuswagen ist sicher ein größeres Statussymbol als ein Fahrzeug der Kompaktklasse. Aber kommt man damit schneller ans Ziel, sieht man dem Fahrer hinterher an, mit welchem Wagen er gekommen ist oder kann man damit gar besser einparken?
Es gibt sicher noch weitere Unterschiede in Ausstattung etc. Kameras in der unteren Preisregion haben teilweise kein Schwenk-/Drehdisplay. Da dieses die Arbeit am Stativ unterstützt ohne sich bücken zu müssen, ist dies bei der Entscheidung wichtig.
Aus dieser Aufzählung lässt sich sicher vermuten, dass meine persönliche Entscheidung beim letzten Mal in Richtung einer guten Einsteigerkamera gegangen ist. Negative Kundenreaktionen konnte ich noch nicht aufnehmen. Wegen des Preises kann ich die Kamera übrigens bei der Steuer sofort geltend machen und muss sie nicht über mehrere Jahre abschreiben.
Haben Sie eine andere Entscheidung getroffen. Gibt es andere Dinge, die Ihnen wichtig sind?
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