Immobilienfotografen haben weniger Freiheiten als z.B. Fotografen, die Menschen ablichten. Wenn der Fotograf von Frau Dr. Merkel in der Nachbearbeitung die Mundwinkel etwas nach oben zieht und die Zeichen der Zeit auf der Haut abmildert, dann ist das keine große Sache. Retuschiert der Immobilienfotograf einen Riss oder einen Schimmelfleck weg, kann das durchaus rechtliche Konsequenzen haben.
Die Vorbereitung ist umso wichtiger, je stärker man in der Nachbearbeitung eingeschränkt ist. Der Porträtfotograf vertraut einer Visagistin (in seltenen Fällen einem Visagisten), um das gewünschte Aussehen zu erzielen. Wie soll nun die Immobilie vorbereitet werden?
Sie muss in erster Linie aufgeräumt sein. Fast niemand wohnt gerne in einer sterilen Wohnung, die aussieht wie in einem Möbelhaus. Auf der anderen Seite möchte aber niemand in dem "Chaos" eines anderen wohnen, man zieht sein eigenes vor. Entsprechend muss das Objekt vor dem Fototermin vorbereitet werden.
Die Fernsehzeitung wird vom Wohnzimmertisch entfernt, die leeren Pfandflaschen kommen in den Keller. Die Sammlung von Duschgels, Shampoos, Zahnpasten, Deos etc. wird aus dem Badezimmer verbannt. Offensichtlich dringend notwendige (Schönheits-)Reparaturen werden erledigt. Dass das Objekt geputzt sein sollte, wird jedem einleuchten. Wird ein Gebrauchtwagen verkauft, fährt man ihn auch durch die Waschanlage und saugt ihn aus. Professionelle Händler geben den Wagen zu einem Aufbereiter.
Zwei typische Fälle, wie sie in meiner Praxis immer wieder vorkommen:
Der Wohnungsbesitzer zieht um. Sein Hauptaugenmerk liegt auf der neuen Immobilie. Das bisherige Objekt, das verkauft werden soll, wird weniger gepflegt. Der Rasen wird nicht mehr gemäht, das Unkraut nicht gejätet, Hecken und Büsche nicht geschnitten. Gerade jetzt wäre das aber wichtig. Die Außenanlagen bewirken den ersten Eindruck, den der Interessent sowohl durch die Fotos als auch bei der Besichtigung erhält. Auch im Inneren gibt man sich weniger Mühe, schließlich ist man ja nicht mehr lange da.
Hier sollte man alles, was bis zum Umzug sicher nicht mehr benötigt wird, bereits frühzeitig in Kisten verpacken und diese z.B. im Keller oder Garage verschwinden lassen. Das gilt natürlich besonders für Gegenstände, die offen herumstehen. Das Feuerzangenbowlen-Set wird man wahrscheinlich erst wieder zu Silvester benötigen. Es gibt keinen Grund, es auf der Arbeitsplatte auszustellen. Für das Rudergerät im Wohnzimmer bleibt sowieso keine Zeit, es kann also von der Bildfläche verschwinden. Ein Großteil der Bücher im Regal kann auch schon einmal eingepackt werden. Alles das macht den Raum frei für die Ausstattungsideen der Interessenten, die er vor seinem Inneren Auge erscheinen lässt.
Zweiter Fall: Der Wohnungsbesitzer ist verstorben oder musste in ein Pflegeheim ziehen. Angehörige kümmern sich um die Liegenschaft und ihren Verkauf. Den Außenanlagen geht es ähnlich wie im ersten Fall. Im Inneren fehlt ggf. ein Teil des Mobiliars, Kisten stehen verteilt in der Wohnung herum.
Da die Wohnung sowieso geräumt werden muss und man in diesem Fall den Zeitpunkt frei wählen kann, empfiehlt es sich meistens, in zwei Etappen vorzugehen. Bäder und Küchen werden bis auf das Mobiliar leergeräumt. Die übrigen Räume werden "entschlackt", Regale und Vitrinen weitestgehend geleert und das Mobiliar ggf. dezimiert, um der Wohnung einen luftigeren Charakter zu geben. Aber Vorsicht: Das Entnehmen von Bildern und Schränken kann Maler- oder Tapezierarbeiten nach sich ziehen. Sollten tiefer greifende Maßnahmen am Objekt notwendig sein, kann sich die Beauftragung eines Homestagers - dem "Aufbereiter" für Verkaufsimmobilien – anbieten. Die Wohnung kann dann nach dem erfolgten Verkauf komplett geräumt werden.
Der Immobilienfotograf kann attraktive Bilder erstellen. Ob die Immobilie darauf auch attraktiv erscheint, liegt nicht zuletzt an ihrer Vorbereitung.
Kommentar schreiben